Exkursion der 9. Klassen nach Hadamar

von Sebastian Bungard

Im Rahmen der Demokratietage unternahmen die 9. Klassen eine Fahrt zur Gedenkstätte Hadamar. Nach einer knapp einstündigen Fahrt kamen wir in Hadamar an und nahmen zunächst verwundert zur Kenntnis, dass nur wenige Meter entfernt von der damaligen, 1920 gegründeten Heil- und Pflegeanstalt eine neue Psychiatrie eingerichtet worden war.

Mit der Zwangssterilisierung auf Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ begann die Verfolgung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen durch das nationalsozialistische Regime. Das Gesetz besagte, dass alle Menschen aufgrund von Diagnosen wie zum Beispiel „angeborenem Schwachsinn“ zwangssterilisiert werden mussten, um eine Ausbreitung von Menschen mit dieser Krankheit zu unterdrücken. 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurden die Patientinnen und Patienten in andere Anstalten verlegt und Hadamar wurde zu einem Reservelazarett. Um die Landesheilanstalt für die sogenannte T4-Aktion (systematische Ermordung von Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen) einzusetzen, wurde sie Ende 1940 umgebaut. Hier wurden dann die Busgarage, zwei Verbrennungsöfen, ein Sezierraum sowie die Gaskammer errichtet. All diese Räume haben wir nacheinander besichtigt. Als erstes sind wir in die Busgarage gegangen. Diese ist mit drei Toren versehen, sodass drei Busse hineinfahren konnten. Die Patientinnen und Patienten wurden aus den Zwischenanstalten von den grauen Bussen abgeholt und nach Hadamar gebracht. Hierbei ging es um Menschen, die als weniger wertvoll galten, solche die „angeborenen Schwachsinn“, Schizophrenie, „zyklischen Irrsinn“ (bipolar, manisch-depressiv), „Fallsucht“, „Veitstanz“ (Chorea Huntington), Blindheit, Taubheit sowie schwere körperliche Missbildungen hatten. In der Garage angekommen, wurden sie durch einen aus Holz gebauten Durchgang direkt in die Anstalt geführt, ohne jemals wieder frei an der frischen Luft zu sein.

In der Busgarage merkten wir mehr und mehr die Schwere dieses Raumes und wie wir leiser und nachdenklicher wurden. Anschließend sind wir in das Hauptgebäude gegangen. Die Patienten haben dann, dort angekommen, wo wir jetzt standen, die Anweisung erhalten, sich zu entkleiden und dem Arzt vorzustellen. Dieser bestimmte schon zu diesem Zeitpunkt, welche natürlichen Todesursachen er den Menschen in der auszustellenden Sterbeurkunde zuweisen konnte. Im Museum wurden einige dieser Todesursachen vorgestellt. Eine Frau, die sofort nach ihrer Ankunft getötet worden war, starb zum Beispiel angeblich an Wundinfektion und Blutvergiftung, obwohl diese vorher nicht bekannt war. Nachdem sie von dem Arzt untersucht worden sind, wurden die Patienten von den Krankenschwestern in die Gaskammern im Keller geführt. So sind auch wir  dann in den Keller gegangen und haben uns diese Räumlichkeiten angesehen. Wir bemerkten, dass der Boden von dem Ausgang der Gaskammer bis zu den Verbrennungsöfen (Krematorien) anders war. Er fühlte sich weicher an. Uns wurde dann erklärt, dass das die sogenannte Schleifbahn ist. Diese war zum leichten Ziehen der toten Menschen gedacht, sodass die Arbeiter, welche die Leichen verbrannten, es leichter hatten. Auf diese Wege starben über 10.000 Menschen vom 13. Januar bis zum 24. August 1941 in Hadamar. Als letzten Raum im Keller sind wir in den Sezierraum gegangen. Hier wurden den Menschen Organe für wissenschaftliche Zwecke entnommen. Und teilweise auch, falls vorhanden, vergoldete Zähne entnommen, um sich selbst noch an den Toten zu bereichern.

Dies geschah im Rahmen der ersten Mordphase. Danach wurden die Öfen beseitigt, damit kein Verdacht entstehen konnte, denn die Zustände in Hadamar waren öffentlich bekannt worden. Die Tötungsanstalt Hadamar machte also ein Jahr Pause, übernahm aber in der zweiten Mordphase erneut die Funktion als Tötungsanstalt. Diese Phase beinhaltete eine neue Taktik: Ärzte und Oberschwestern entschieden morgens, welche Patienten sterben sollten und markierten diese dann. Am Abend verabreichte die Nachtschwester diesen dann eine tödlich wirkende Medikamentendosis üblicher Schlafmittel. Die Leichen wurden in Massengräbern beigesetzt – getarnt als normaler Anstaltsfriedhof. Von August 1942 bis März 1945 starben so noch einmal 4.500 Menschen. Auch der Friedhof, der in den 60er Jahren zu einem Park umgestaltet wurde, ist durch einen Treppenweg erreichbar und war sehr eindrucksvoll.

Der Tag in Hadamar war sehr aufschlussreich für die Schülerinnen und Schüler und hat ihnen die gesamte Situation der damaligen Zeit viel näher gebracht und zeigte auf, was die Aufhebung der Inklusion in der heutigen Zeit bedeuten würde.
So fasste ein Schüler dies mit den wunderbaren Worten zusammen: „Wenn es bei uns keine Inklusion gäbe, hätten wir keine Kinder mit Förderbedarf in der Klasse und damit wären einige meiner Freunde nicht hier!“